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Messe-Leben
Kann ich Ihnen helfen?
Die erfolgreiche Essener Messe
der 80er Jahre
Diese
Seite ist meinem ehemaligen Kollegen, Reinhold Pirro, dem
Löwenbändiger von Braunschweig gewidmet.
* * * * *
Bei
einer der vielen Messesitzungen des Tourismusverbandes München-Oberbayern
tönte der damalige Kurdirektor von Reit im Winkl, Alf
Gall, lautstark - wie wir es gewöhnt waren Leute,
wir müssen endlich einmal geschlossen als Verband auf
eine Messe gehen, lasst uns mit Essen beginnen.
Brain storming war entdeckt.
Das war im Jahre 1978, der erste Einsatz Du und
Deine Welt, eine Verbraucherausstellung.
So
brachten die Bayern das Thema Urlaub auf eine
Messe in Essen. Eine illustre Ausstellung mit Modenschau
die deutsche Schuhparade präsentiert; die
alles bot, was der Mensch benötigt, Urlaub nicht
ausgeschlossen.
Als Fahrzeuge für diese Messesafari dienten meist
Bauhoffahrzeuge, die Herren der Schöpfung waren im
Umgang mit Hammer und Nagel manchmal etwas ungeübt. Nur
wir hatten schon einen privaten VW-Bus mit der Aufschrift
Ammersee-Lech-FVV (mit Sonnenblume) und einen
Handwerkskasten von daheim dabei.
Untergebracht war man in einfachen Hotels, in manchen Städten
Häuser, die außerhalb der Messezeit Etablissements
waren, Geld für Vier-Sterne-Hotels hatten die
Touristiker nicht.
Die Stände waren 4 m breite Kojen, die Leuchtdiakästen
zeigten meist typisch oberbayerische Motive: den
Kirchturm, die Berge - Wiederholungen waren nicht
ausgeschlossen.
Wir
drei Verbände (Ammersee-Lech, Pfaffenwinkel und
Starnberger See) traten mit unserem König-Ludwig-Weg
auf, die Wieskirche im Leuchtkasten.
Schnell fand man das Gespräch mit den Kollegen, die man
noch nie in Oberbayern gesehen hatte, es wurde palavert,
Freundschaften quer durch Westdeutschland und Europa,
insbesondere England, geschlossen. Weil es Spaß gemacht
hatte, verabredete man sich zur nächsten Messe.
Nach
diesen ersten Erfahrungen wurde nach einer besseren Messe
geforscht und man stiess auf die Camping-Messe in Essen,
die man ab 1980 beschickte.
Die
improvisierten Messestände wurden verfeinert, es
begannen sich Messebauer zu etablieren, die wunderbare
Entwürfe aus dem Ärmel zauberten. Wir hatten uns von
einem ansässigen jungen Messebauer einen Stand
konzipieren lassen, der von der Publikumsansprache sehr
gut war, leider konnte man den Stand nur von hinten
aufbauen, was dann schlecht war, wenn die Nachbarstände
schon standen. Unsere erste Messe mit eigenem Stand war
in Hamm, in den sogenannten Pferdehallen.
Den Stand habe ich dann von einem örtlichen Schreiner
fachgerecht nachbauen lassen, denn die Grundidee stimmte:
AIDA liess grüßen.
Unser Stand war 4m x 4 m, er enthielt eine 1 qm große
Koje für Prospekte Kohlensäureflasche, Kaffeemaschine,
Handtücher, Waschschüssel, Plastikgläser, Gästebuch,
Bierfilzl und die Garderobe. Vor der Rückwand nach vorne
versetzt eine Theke mit Bierbar, darüber eine
Schiffsglocke zur Benachrichtigung des Standleiters, wenn
dieser auf der Suche nach neuen Ideen bei Kollegen war.
Vor der Koje Halter mit Klapptafeln (ähnlich
Teppichmusterauswahl), auf denen alle Themen rund um den
Urlaub dargestellt waren. Hier konnten die Besucher ihren
Spieltrieb befriedigen und sich eingehend informieren,
ohne vom Standleiter gestört zu werden. Auf den Seitenwänden
waren Thementafeln (Bild und Text) zum Radeln, Wandern,
Segeln, Kultur usw. Zu jedem Thema gab es ein
Pauschalangebot mit Preisangabe. In der Mitte stand eine
lustig anzusehende Puppe, die Handzettel anhob, damit der
Gast einen Zettel mit Kurzinformationen an sich nehmen
konnte.
Mit der Biertheke und der Glocke haben wir bei den
Besuchern die Aufmerksamkeit, mit den Angeboten das
Interesse und mit unserem kostenlosen Probeschluck
Wünsche geweckt und zum Handeln animiert, einen Prospekt
mit unseren interessanten Angeboten mitzunehmen. AIDA war
vollbracht.
Eine tägliche Verlosung rundete unser Angebot noch ab.
Für die Messen in Essen und Hamburg hatten wir unseren
Prospekt Hobby-Ferien mit einer persönlichen
Botschaft Hallo Essen bzw. Hamburg ahoi
versehen.
Folgende
Faktoren führten zum Erfolg der Messe in Essen:
1.
Die politische Prominenz engagierte sich für die Messe
durch Auftritte und zahlreiche Interviews im Radio und
Berichten in den Zeitungen. Der offizielle Messerundgang
war nicht nur ein Durchmarsch, man hatte Zeit, sich mit
den Ausstellern auch einmal zu unterhalten. Viele Landesfürsten
kamen zur Messe - Minister Anton Jaumann für Bayern -
und sorgten für ein gutes Messeimage daheim nach dem
Motto: wo der Minister ist, muss was los sein
2.
Die Messeleitung war engagiert, ständig war ein Messebote
unterwegs, um das Neueste in die drei mal während der
Messe erscheinende Postille zu bringen. Es war eine
besondere Ehre für die Aussteller, wenigstens einmal
dort abgelichtet zu sein. Diese Zeitung enthielt aber
auch neue Angebote der verschiedenen Regionen auf der
Messe, sie war einfach interessant.
3.
Der Ausstellerabend brachte bei Buffet und Tanz die
Aussteller näher. Die Wahl eines Ausstellers zum Mister
Touristik oder einer Dame zu Miss Touristik war eine
besondere Ehre, und wurde noch Jahre später als
besondere Auszeichnung empfunden.
4.
Höhepunk jeden Abends war die rush our, der
Messetreff am Stand von Adolf Kleinschmidt von der WAZ.
5.
Die gute Atmosphäre, die die Messeleitung geschaffen
hatte, übertrug sich auf die Aussteller. Jeder
Geburtstag eines Kollegen wurde gebührend gefeiert.
Stattliche Aufwartungen und Gegenbesuche waren
faszinierend für die Besucher. Es gab wenig Stände, wo
nichts los war. Kann ich Ihnen helfen?
zu dieser langweiligen und furchtbaren Frage kamen wir
einfach nicht.
6.
Abends traf man sich in der Diskothek Mississippi
im Handelshof, heute Tourist-Information der Stadt Essen.
Der Disc-Jockey begrüßte die Aussteller der Messe persönlich
und wusste genau, welche Musik gewünscht wurde, natürlich
Abba, Nena mit 99 Luftballons, Modern talking
mit Youre my heart, youre my soul,
wobei man bei Soul mit der Hand auf die
hochgehobene Schuhsohle deuten musste. Mississippi
kannte jeder, so kam es, dass man mit den Kollegen und
Kolleginnen täglich mindestens 14 Stunden zusammen war,
manchmal auch mehr.
Die
Messe war ein Begriff bei den Ausstellern; es gab wenige,
die nicht von Jahr zu Jahr bis 1988 die Messe in Essen
besuchten.
Diesen Erfolg hat eine andere Messe in Deutschland nicht
geschafft.
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